Immer wieder ein neuer Schreck

 

Immer wieder neue Baustellen erschreckten mich regelmäßig sehr. Es gab neue Themen, in die man sich einarbeiten musste und den Überblick haben sollte, weise und korrekt handeln sollte. Oft bekam ich zuerst mal eine riesigen Schrecken. So manch ein Schreck lies sich nach einigen Tagen wegarbeiten. Durch das Einarbeiten in das Thema verlor der Schreck seine Kraft. In der Betreuung, Begleitung, Pflege gilt es eben als Außenstehender einen ganzen Menschen in allen Bereichen, zu versorgen.

 

In diesem Kapitel soll es nun um die verschiedensten Schrecken gehen, welchen Umgang man erlebte und wie Gottes Beistand erlebt wurde.


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Der Schrecken der Ordner

 

Es gibt jede Menge Ordner, die Platz und Zeit zur Bearbeitung brauchen. Es regt mich unterschwellig auf, dass es so viel ist. Es rumohrt in mir.

Da hilft mir immer wieder, sich die Tatsachen klar vor Augen zu führen. Also werden die Ordner gezählt.

Es sind zehn, als Ziffer 10.( oder mehr)

Da bin ich doch überrascht! Kein Wunder, dass ich empfinde, dass es viel ist.

Das vor Augen führen von Tatsachen gibt eine andere Sicht, eine andere Wahrnehmung.

 

Ich nehme wahr. Es gibt:

  1. Einen Ordner für die gerichtliche Betreuung.
  2. Einen Ordner für medizinische Gutachten, Protokolle von Arztbesuchen, Röntgenbilder, medizinschen Diagnosen.
  3. Einen Ordner für den Verkehr mit den Pflegediensten, mit der Krankenkasse, die Begutachtung für Pflegegrade.
  4. Einen Ordner für die Beantragung von Pflegewohngeld, mit dem Schriftverkehr und den dazugehörigen Nachweisen.
  5. Einen Ordner für die Bankunterlagen und dem Schriftverkehr dazu.
  6. Einen Ordner mit dem Heimvertrag und den zugehörigen Rechnungen und Bescheiden.
  7. Einen Ordner für die Abrechnungen des Verwahrgeldkontos ( Taschengeldkonto).
  8. Einen Ordner für Rentenbescheide und Anträge.
  9. Einen Ordner für Kostennachweise/ Rechnungen
  10. Einen Ordner mit den Mietverträgen der früheren Wohnung und den zugehörigen Abrechnungen.
  11. Einen Ordner für den Bestattungsvorsorgevertrag.

Jeder Mensch teilt die Dinge sicherlich anders ein. Aber es wird deutlich, dass es um sehr viele Bereiche geht. Jeder Ordner beinhaltet mehr oder weniger Unterkategorien, kleinere oder größere Unterbereiche.

 

Das Verdeutlichen der Aufgaben, der zu leistenden Arbeit hilft mir, klarer zu sehen, zu bearbeiten und auch für mich selbst zu erkennen, welche Aufgabe ich habe, welche Arbeit ich leiste.

Ich sehe klarer.

Letztlich hilft es mir, besser durch zu halten.

 

Kein Wunder, dass es viel ist. Es geht um einen ganzen Menschen.

Da fällt mir Psalm 139 ein. In den Versen ab 13 wird beschreiben, wie Gott den Menschen kennt. Ja, Er kennt alle Bereiche.

 

Psalm 139 (nach der Lutherübersetzung von 2017)

13 Denn du hast meine Nieren bereitet und hast mich gebildet im Mutterleibe.

14 Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele.

15 Es war dir mein Gebein nicht verborgen, / da ich im Verborgenen gemacht wurde, da ich gebildet wurde unten in der Erde.

16 Deine Augen sahen mich, da ich noch nicht bereitet war, und alle Tage waren in dein Buch geschrieben, die noch werden sollten und von denen keiner da war.

 

Im 1. Mosebuch; Kapitel 18, 13 sagt Hagar, die Magd von Sara, Abrahams Frau:

 

Du bist der Gott, der mich sieht.

Ich habe den gesehen, der mich angesehen hat.

 

Es geht letztlich darum, dass Gott uns, unsere Möglichkeiten, unseren Körper und unsere Aufgaben kennt, sieht und wahrnimmt. Ich darf mich verstanden wissen und fühlen. Er sieht mich, sieht mich an! Ansehen verschafft Ansehen.

 

Gebet:

Herr Jesus Christus, Du kennst die verschiedenen Bereiche eines jeden Menschen in all seiner Vielfalt. Du weißt um die Fülle der Aufgaben und Bereiche des zu Betreuenden.

Und du weißt auch um mich in meinen Möglichkeiten und Begrenztheiten.

Bitte gib mir Klarheit in Gedanken und Taten.

Bitte gib Du mir Deine ganz konkrete Hilfe in den verschieden Bereichen.

Ich danke Dir, dass ich mich verstanden fühlen kann.

Amen

 

Konkrete Gedanken der Hilfe:

Ich mache mir klar und deutlich wieviel, was meine Aufgaben sind.

Ich weiß mich von Gott verstanden, wahrgenommen, angesehen.


Der Schrecken des Eingrenzens

 

Der Schrecken des Eingrenzens

 

( Den Wirkungskreis einschränken, Einhalt gebieten)

 

Den Erkrankten, zu Begleitenden in Grenzen zu weisen oder zu halten, ist ein sehr schwer wiegende Angelegenheit.

 

Zum Schutz des Anbefohlenen muss er von manchen Dingen abgehalten werden.

 

Bei Kindern, die wir von klein auf kennen, fällt es uns leichter Verbote auszusprechen und auf deren Einhaltung zu achten.

 

Menschen, die älter sind als wir, nehmen wir teilweise als Autoritäten war, sind mit deren Autorität aufgewachsen.

 

Wenn wir merken, dass viel Geld gestohlen wird oder verloren geht, muss die Kontokarte gesperrt werden. Es ist möglich, dass der Betrag des Abbuchens mit der Karte limitiert wird. Dazu sind Absprachen mit der Bank und natürlich Vollmachten notwendig.  Es sind Fälle bekannt, in denen mehrere tausend Euro vom Erkrankten abgeholt wurden und kurz darauf verschwunden waren. Diese Schäden flößen uns Furcht ein. Das Geld wird später vielleicht noch dringend gebraucht.

 

Den Menschen den Führerschein abzunehmen, die eigentlich eine Autorität für uns sind, ist nicht weniger schwer für uns. Oft ist es möglich mit Überlisten, das Fahren zu verhindern und so große Schäden zu vermeiden.

 

Unsere Mutter fuhr gerne nach Italien in den Urlaub. In den letzten Jahren war es immer mehr der Fall, dass sie nach der Heimkehr darüber weinte, wie schwierig es dort war. Nichts hatte anscheinend geklappt: Die Wege waren zu steil, das Wasser des Sees zu wild. Der Busfahrer hatte sich nicht genügend gekümmert. Auch die ehemals freundschaftlichen Beziehungen zu Mitreisenden, gestalteten sich schwierig. So merkten wir, dass sie sich in Gefahr brachte. Doch jeden Sommer aufs Neue, erwachte der Wunsch wieder in diese schöne Gegend zu reisen und wurde, wohl immer schwerfälliger, aber doch in die Tat umgesetzt. Lange Zeit trug ich die Sache sehr besorgt mit, informierte mich über Unterkunft, das Busunternehmen und Versicherungen. Irgendwann war das nicht mehr genug. Als die erneute Urlaubsplanung losging, setzte ich mich mit dem bekannten Reisebüro in Verbindung, dass ich die Reise unserer Mutter verhindern müsse. Die zuständige Mitarbeiterin kannte meine Mutter gut, hatte Verständnis und teilte meine Befürchtungen.  So informierte sie meine Mutter auch bei dem nächsten Termin mit: „Ihre Tochter verbietet ihnen eine Reise zu buchen. Wir buchen nicht für sie.“

 

Als Mutter das hörte, ging sie Wut endbrannt nach Hause. Da ich sie sowieso an diesem Nachmittag zu uns holen wollte, hatten wir eine Begegnung. Wüste Beschimpfungen hatte ich mir anzuhören.

 

Es war ein sehr bitterer Moment, dies von der eigenen Mutter zu hören. Den gemeinsamen Nachmittag wollte sie nicht wahrnehmen. Immer wieder hörte ich sie sagen: „Ich hasse dich! “

 

Obwohl ich wusste, dass es richtig war, drückte mich diese Erfahrung sehr nieder. Man verhindert Schlimmes und wird übel beschimpft von einer Person, der man jahrelang vertraut haben, die als Größe in unserem Leben stand.

 

Kurze Zeit später versuchte sie es erneut in einem anderen Reisebüro. Aber bei dem zweiten Termin war es für sie nicht möglich die Logistik der Anzahlung zu leisten. Die freundlichen Mitarbeiterinnen sollten mich anrufen, dass ich helfen möge, ihre Tochter hätte wohl recht, dass alles zu schwierig für sie wäre.

 

Da ich Termine mit meiner eigenen Familie hatte, konnte ich die Sache erst später regeln. Die Anzahlung der Reise bekamen wir auch nach langen und aufwendigen Bemühungen mit ärztlicher Hilfe nicht zurück. Das Geld war verloren.

 

An den geschilderten Situationen erkennen wir, dass Schaden entsteht, wenn wir nicht eingrenzen, die Handlungsmöglichkeiten beschränken.

 

Und genau das ist der schwerste Schritt.

 

Für diesen Schritt brauchen wir Energie und Weisheit.

 

Eine Hilfe ist es, Klarheit zu haben, wenn wir uns dessen bewusst sind, wie die Lage ist:

 

Ich brauche Weisheit, wie ich vorgehe und ich brauche Kraft.

 

Im Jakobusbrief wird davon gesprochen, dass Gott gerne, auch diese Weisheit gibt.

 

Jakobus 1, 5:

Wenn jemandem unter euch Weisheit fehlt, der bitte Gott um Weisheit. Er gibt gerne und drängt niemandem etwas auf.

 

Psalm 71, 16:

Ich gehe einher in der Kraft Gottes.

 

Gott will uns Kraft geben. Diese Kraft soll in seinem Sinne eingesetzt werden. Deswegen ist die Weisheit Gottes so wichtig. Kraft alleine reicht nicht und bringt oft Schaden! Und es soll Gottes Kraft sein.

 

Hat das Leben mit/ in Gott mit Kraft zu tun?

 

Ja, in der Bibel wird viel von der Kraftquelle Gottes gesprochen:

 

2.Timotheus 1, 7:

 

Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.

 

Das Leben in und mit Gott beinhaltet Kraft statt Verzagtheit.

 

Der alte Prophet Jesaja spricht im neunten Kapitel davon in einer Weissagung:

 

Denn uns ist ein Sohn gegeben und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter. Und er heißt wunderbarer Ratgeber, ewiger Vater, Kraft, Held, Friedefürst. Jesaja 9, 5

 

Von Gottes Weisheit wird im Kolosserbrief Kapitel 2, 3 gesprochen:

 

In Christus liegen verborgen alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis.

 

Die Weisheit Gottes zum Reden und Handeln ist gepaart mit Seiner Kraft, das Ausschlaggebende für unsere Handlungsnot. Und darum wollen wir bitten:

 

Gebet:

Herr Jesus Christus, du siehst, dass ich handeln muss. Bitte gib du mir deine Weisheit im Reden und Handeln. Ja, wirke du bitte selbst.

 

Und wirke du selbst mit deiner Kraft in meinem Handeln. Bitte ebne du mir die Wege und gib mir Autorität in deiner Kraft. Ich vertraue auf dich.

 

Amen 


Der Schrecken der Operation, des Krankenhausaufenthaltes oder des Arztbesuches

 

Ein Schrecken durchfuhr mich immer wieder, wenn es hieß, unsere Mutter müsse ins Krankenhaus oder die kleinere Version: Einen Arzt aufsuchen. Es gäbe den und den Verdacht oder die und die Ursache.

 

Zu einem großen Teil war es damit verbunden, dass ich tätig wurde oder mich zumindest damit beschäftigen musste. Da selten etwas Befriedingendes dabei herauskam, war immer der Schrecken und die Furcht groß. Zu erwarten war immer, dass unsere Mutter litt, unglücklich war oder wurde und meistens ich eine große Last zu tragen hatte: (zeitlicher) Aufwand, mitleiden/ Leid mit ansehen, organisatorische Leistung bringen, in fremde Thematik einarbeiten.

 

Zweimal hatte sie Krätze. Bei dem Verdacht schob ich sie im Rollstuhl zum Hautarzt. Das hieß, dass ich mich schon vorher um einen Termin gekümmert hatte und mir Zeit freigeschaufelt hatte/ eigene Erledigungen oder Bedürfnisse zurückgestellt hatte. Die Wartezeit war meist sehr lang. Oft konnten wir in dieser Zeit leise vertraute Gespräche führen. Die ich als Gewinn wahrnahm. Oftmals saß mir die Zeit aber auch böse im Nacken, weil eigene Termine drängten. Als die Anforderungen meiner eigenen Familie weniger wurden, konnte ich die Wartezeit manchmal als Ruhezeit nutzen. Der Arzt ordnete eine aufwendige Behandlung und Isolation an. Die Isolation tat unserer Mutter nie gut und bedeutete für die Pflegekräfte und auch für uns als Besucher den großen Aufwand, die Schutzkleidung anzulegen. Die Einrichtung hatte sehr, sehr viel zu waschen oder in Tüten wegzupacken: Für alle Beteiligten, eine belastende Situation.

 

 

Andere schwererwiegende Dinge waren zum Beispiel ein Sturz mit folgendem Krankenhausaufenthalt oder langanhaltende Darmbeschwerden. Im Krankenhaus als Vermittler bereit zu stehen oder für den Patienten zu sprechen, zu kämpfen, ist zeit- und kräfteraubend.

 

Der Schrecken ist also durchaus berechtigt. 

 

Im Rückblick, ein Jahr nach dem Versterben meiner Mutter denke ich, dass ich von meinem Naturell her die Dinge immer, unter großem Druck und innerem oder äußeren Geschrei angehe. Auch die Wahrnehmung als „ Schrecken“ gehört wohl zu dieser Eigenart. Meist stürze ich mich schnell in eine Aktion, arbeite, habe Angst und beschäftige mich sehr intensiv mit der neuen Herausforderung. Nach einiger Zeit habe ich mich dann in dieser Situation eingelebt und arbeite mit mehr oder weniger Engagement an dem, was es zu tun gibt. Aber zuerst gab es immer den Schrecken und die Panik: Was soll werden?

 

Einige Stunden oder Tage, je nach Inhalt, hielt dieser Schrecken an. Oft kostete er mich Nachtschlaf oder Magendrücken, meine Reaktionen im eigenen Haushalt wurden gereizt. Zunächst schrie ich oft Angstschreie heraus.

 

Je nach Geschichte konnte ich manchmal die Dinge einsortieren und Frieden bekommen.

 

 

Dass Gott diese Not ansieht, kann eine große Hilfe sein.

 

In Psalm 106, 44 sagt der Beter: Und ER sah an ihre Not.

 

Dass Gott mich sieht in meiner Not, kann helfen. Ich bin angesehen.Gleichzeitig kann ich meine Not, meinen Schrecken herausschreien:

 

In diesem Psalm wird viel vom Rufen gesprochen. Wenn ich sowieso schreie, weil es zu schwer ist, kann ich auch zu Gott schreien.

 

Vers 6: Die zum Herrn riefen in ihrer Not und ER rettete sie aus ihren Ängsten

 

Vers 13: Die zum Herrn riefen in ihrer Not und ER half ihnen in ihren Ängsten.

 

und 19: Die zum Herrn riefen in ihrer Not und ER half ihnen in seinen Ängsten.

 

Es lohnt sich, zu Gott zu schreien, auch praktisch, ganz laut.

 

Psalm 91, 5 u. 6 spricht davon, dass wir nicht erschrecken müssen vor den Grauen der Nacht und vor den Pfeilen, die des Tages fliegen, vor der Pest, die im Finstern schleicht, vor der Seuche, die am Mittag Verderben bringt.

 

Die Bibel kennt also die Schrecken, kennt die Pfeile, die Pest und die Seuchen, die uns zu schaffen machen.

 

Nicht immer löste sich der Schrecken auf. Oft entwickelte sich daraus etwas Langanhaltendes, Schweres, Bedrückendes. Man muss vieles Schweres in dem Bewusstsein, dass Gott alles Leid der Welt getragen hat, aushalten.

 

Nicht zuletzt können wir in dem Bewusstsein leben, dass wir aus Gottes Kraft heraus leben, dass ER ist es, der uns Lebenskraft gibt.

 

Wir dürfen uns auf Gottes Versprechen berufen, IHN daraufhin ansprechen:

 

Jesaja 40, 29:

 

Er gibt den Müden Kraft und Stärke genug den Unvermögenden.

 

Und weiter in Vers 31:

 

Die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden.

 

Wenn der Schrecken sich in eine dauernde schwere Belastung verwandelt, dürfen wir von Gott diese Kraft einfordern!

 

Wir dürfen nicht vergessen: Es ist uns verheißen:

 

Aufzufahren mit Flügeln, wie Adler!

 

Ein prächtiger Vergleich!